Der Praktische Tierarzt 87, 772-778
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co.KG. 2006
Publiziert: 10/2006
Zusammenfassung
Mikrogliazellen sind die Immuneffektorzellen desZentralen Nervensystems (ZNS). Jegliche Art von pathologischemStimulus im ZNS führt zu ihrer Aktivierung, diesie befähigt, eine adaptive Immunreaktion zu initiierenoder via Interaktion mit Lymphozyten zu mediieren. Aufgrunddes Spektrums der Reaktionen der Mikroglia imRahmen ihrer Aktivierung wird eine Beeinflussung der Pathogeneseverschiedenster Erkrankungen, wie Alzheimerund Parkinson Krankheit, Schlaganfall, Depressionen undMultiple Sklerose vermutet. Ein anerkanntes klassischesTiermodell für die Entmarkungskrankheit MultipleSklerose des Menschen stellt die Hundestaupe dar. Bei dieserErkrankung konnte durchflusszytometrisch einAufregulationsmuster verschiedener Oberflächenmolekülefestgestellt werden. Zudem zeigte die Mikroglia beiHunden mit Demyelinisierung aufgrund einer Hundestaupevirus-Infektion eine aufregulierte Phagozytose, sowieeine signifikant gesteigerte Bildung reaktiverSauerstoffradikale. Diese gesteigerte Bildung reaktiverSauerstoffradikale unterschied sich zudem signifikant vonder bei Hunden mit anderen intrakraniellen Erkrankungen,die zum Vergleich des Reaktionsmusters der Mikrogliauntersucht wurden. Die Bildung reaktiver Sauerstoffradikaleim ZNS ist als besonders kritisch zu betrachten, davon Oligodendrozyten gebildete Myelinscheiden einensehr hohen Lipidgehalt aufweisen und antioxidative Abwehrmechanismenweitestgehend fehlen. Durch aktivierteMikrogliazellen generierte reaktive Sauerstoffradikalebesitzen das Potential, durch Peroxidation von Lipiden derMyelinscheiden einen wesentlichen Bestandteil an der Pathogeneseder Demyelinisierung darzustellen.