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Der Praktische Tierarzt

Die Atypische Myopathie: Aktueller Wissensstand und Untersuchungen zu Fällen in Sachsen und Thüringen

Atypical myopathy in horses: review and investigation results from Saxony and Thuringia

Der Praktische Tierarzt 95, 444-457

Publiziert: 05/2014

Zusammenfassung

Die Atypische Myopathie (AM) ist eine erworbene, höchstwahrscheinlich toxisch bedingte Störung des Muskelstoffwechsels bei Weidepferden. In den Herbsten 2009, 2011 und 2013 wurden europaweit jeweils rund 500 Fälle der Erkrankung registriert. Durch epidemiologische Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass vorrangig Pferde betroffen sind, die auf von Bäumen umgebenen, stark verbissenen Koppeln stehen und überwiegend ohne Zufütterung auskommen müssen. Dabei beschrieben mehrere Autoren auffällig häufig Bergahornbäume in der Nähe von betroffenen Weiden. Bergahornsamen und vor allem die Keimblätter enthalten die Aminosäure Hypoglycin A, deren Metaboliten nach Verdauung sowohl für Tiere als auch für Menschen toxisch sein können. In neueren Veröffentlichungen wurden Metaboliten des Hypoglycins in Blut und Urin betroffener Pferde gefunden. Bei der Auswertung von Labor- und Sektionsergebnissen wurden erniedrigte Selengehalte im Blut von erkrankten und nicht erkrankten Weidepferden sowie ein unterschiedlich starker Befall mit Endoparasiten bei verendeten Pferden aus Thüringen und Sachsen festgestellt. Darüber hinaus wiesen betroffene Koppeln überwiegend starke Mängel in der Weidepflege auf. In Grasproben wurde ein hochgradiger Befall mit Schimmelpilzen (Fusarium spp.) festgestellt. Betroffene Pferde erhielten in der Mehrzahl der Fälle keine bzw. eine unzureichende Supplementierung mit Getreide sowie Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen. Ableitend aus den Untersuchungen ist die AM nach Meinung der Autoren eine Faktorenerkrankung, deren Auftreten wahrscheinlich durch adäquate Nährstoffversorgung der Pferde in Weidehaltung, angemessene Weidepflege sowie wirksame Parasitenbekämpfung minimierbar wäre.

Pferd
Atypische Myopathie
Ätiologie
Bergahorn
Selen
Mykotoxine
Weidepflege

Summary

Atypical myopathy (AM) is an acquired disorder of muscle metabolism in grazing horses, and most likely caused by toxins. In autumn of 2009, 2011 and 2013, about 500 cases were registered throughout Europe in each year, respectively. Epidemiological studies have shown that primarily horses kept without extra feed on overgrazed pastures surrounded by trees become affected. Several authors point out the remarkable incidence of sycamore trees growing near affected pasture. Maple seeds, and above all the cotyledons contain the amino acid hypoglycin A. The metabolites may be toxic for animals and humans after ingestion. In recent publications, metabolites of hypoglycin were found in blood and urine of affected horses. Evaluation of laboratory and autopsy results revealed decreased selenium levels in the blood of diseased and non-diseased horses that were kept on affected paddocks, as well as different levels of parasite infestation in horses that died in Thuringia and Saxony. In addition, affected paddocks often showed strong deficiencies regarding pasture management. In grass samples, a high degree of fungal infestation (Fusarium spp.) was found. In the majority of cases affected horses received no or inadequate supplementation of grain, as well as minerals, vitamins and trace elements. Based on these investigations, it is the authors‘ opinion that AM is a multifactorial disease. The occurrence of this fatal disease could probably be minimized by adequate nutrient supply of horses on pasture, reasonable pasture management and effective parasite control.

horse
atypical myopathy
etiology
sycamore
selenium
mykotoxins
pasture management

 

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