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Die Taumelkrankheit tritt sporadisch bei Freigängern auf. Ein Reservoir gibt es an der deutschen Ostsee.
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Die Taumelkrankheit tritt sporadisch bei Freigängern auf. Ein Reservoir gibt es an der deutschen Ostsee.

Gehirnentzündung

Das Rustrela-Virus ist der Erreger der Taumelkrankheit der Katze

Ein erst 2020 entdecktes Virus verursacht die Staggering Disease der Hauskatze. Das Virus ist in Europa wohl weiter verbreitet als bisher gedacht.

Im Gehirn von Katzen mit Taumelkrankheit in Schweden, Österreich und Deutschland wurde das erst 2020 neu entdeckte Rustrela-Virus nachgewiesen, ein enger Verwandter des Erregers der Röteln. Ein internationales Konsortium unter Federführung des Friedrich-Loeffler-Instituts identifizierte das Virus bei 27 von 29 Katzen mit Symptomen der Taumelkrankheit. Alle 29 Katzen der Kontrollgruppe waren hingegen Rustrela-negativ.

Taumelnder Gang und neurologische Symptomatik

Die Taumelkrankheit wurde erstmals in den 70er-Jahren in Schweden, dann in den 90er-Jahren in Österreich beschrieben. Berichte über Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik gibt es aus weiteren europäischen Ländern. Typisch ist eine Ataxie mit taumelndem Gang durch Paresen/Paralysen der Hinterbeine und einen gesteigerten Muskeltonus. Zusätzlich können weitere neurologische Symptome auftreten (Krallen können nicht mehr eingezogen werden, Hyperästhesie am hinteren Rücken/Schwanz, manchmal Tremor oder epileptische Anfälle). Beschrieben sind auch Fieber und Verhaltensänderungen wie vermehrtes Vokalisieren, Niedergeschlagenheit, zunehmende Anhänglichkeit, selten auch Aggression.

Die Erkrankung dauert meist wenige Tage bis Wochen, kann sich aber auch bis zu ein Jahr hinziehen. In den meisten Fällen führt die fortschreitende Verschlechterung letztlich zur Euthanasie. In der Histopathologie zeigen sich charakteristische Veränderungen vor allem in der grauen Substanz des ZNS.

Ätiologie der Taumelkrankheit seit 50 Jahren unbekannt

Der Erreger der Staggering disease war seit 50 Jahren unbekannt, obwohl es Hinweise auf eine Virusinfektion gab. Dank moderner Methoden wurden in den letzten Jahren einige Encephalitis-Erreger neu beschrieben. Das Rustrela-Virus wurde 2020 zunächst im Gehirn mehrerer Tiere mit neurologischer Erkrankung in einem kleinen Zoo an der deutschen Ostsee entdeckt. Zudem konnte es bei Fledermäusen in Afrika nachgewiesen – und jetzt bei Katzen mit Taumelkrankheit in Schweden, Österreich und Deutschland. Das Reservoir sind vermutlich Nagetiere. Das Rustrela-Virus wurde bei Gelbhalsmäusen in Norddeutschland und Waldmäusen in Schweden gefunden.

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Gelbhalsmaus: Bei diesen Nagern wurde das Rustrela-Virus in Norddeutschland nachgewiesen.
Foto: creativenature.nl - stock.adobe.com
Gelbhalsmaus: Bei diesen Nagern wurde das Rustrela-Virus in Norddeutschland nachgewiesen.

Freigängerkatzen sind besonders gefährdet

Alle betroffenen Katzen waren Freigänger. Wie das Virus aus dem Nagerreservoir auf Katzen übertragen wird und ob Katzen das Virus auch ausscheiden, ist bisher nicht geklärt. Die Autoren vermuten angesichts des sporadischen Auftretens der Erkrankung ausschließlich bei Freigängern, dass die Übertragung nur durch Nager erfolgt. Zudem zeigt sich ein saisonales Muster: Die ersten Symptome der Staggering Disease traten meist im Winter oder Frühjahr auf. Das könnte mit Schwankungen in der Nagerpopulation zusammenhängen.

Erstmals Erkrankung durch ein Tulavirus direkt nachgewiesen

Zum ersten Mal wurde in Deutschland ein Tulavirus als Auslöser einer Erkrankung bei einem Menschen festgestellt. Das Tuluavirus gehört zur Familie der Hantaviren und kommt vor allem bei Feldmäusen vor. Es ist das vierte in Deutschland nachgewiesene humanpathogene Hantavirus.
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Führt das Virus auch bei anderen Arten zu Erkrankungen?

Das Rustrela-Virus scheint in Europa weiter verbreitet zu sein als bisher angenommen. Angesichts des breiten Wirtsspektrums im Zoo (Esel, Wasserschwein, Rotnackenwallaby) wäre denkbar, dass es für weitere neurologische Erkrankungen mit bisher unbekannter Ätiologie bei anderen Tierarten oder dem Menschen verantwortlich sein könnte. Das zoonotische Potenzial des Virus wird momentan im Forschungsprojekt Rubizoo am FLI ausgelotet.

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