%0 Journal Article %K Ethik %K Recht %K Güterabwägung %K Nutzeneinstufung %B Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift %C Hannover %D 2018 %G German %I Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG %R 10.2376/0005-9366-17099 %T Privater oder öffentlicher Vernunftgebrauch? Zur Prüfung auf ethische Vertretbarkeit von Tierversuchsvorhaben %V 131 %1 {"oldId":108405,"title":"Privater oder \u00f6ffentlicher Vernunftgebrauch? Zur Pr\u00fcfung auf ethische Vertretbarkeit von Tierversuchsvorhaben","topline":"","teaserText":"Public or private use of reason? On the Ethical Evaluation of Animal Experiments","content":"

Zusammenfassung<\/span>
Ob Tierversuche ethisch vertretbar sind, und wenn ja, in welchen F\u00e4llen, ist Gegenstand \u00f6ffentlicher Debatte sowie moralphilosophischer Fachdiskussionen. Zugleich sind die genehmigenden Beh\u00f6rden damit beauftragt, Tierversuchsvorhaben auf \u201eethische Vertretbarkeit\u201c hin zu evaluieren, da diese eine Genehmigungsvoraussetzung darstellt. Die Frage nach der ethischen Vertretbarkeit nimmt somit eine Zwitterstellung zwischen den Sph\u00e4ren von Ethik und Recht ein. Als Folge erscheint oft unklar, wie weit gesellschaftliche und ethische Verantwortung und Befugnisse im beh\u00f6rdlichen Genehmigungsverfahren reichen k\u00f6nnen und sollten.
Mit der kantischen Unterscheidung zwischen einem privaten und einem \u00f6ffentlichen Gebrauch der Vernunft k\u00f6nnen die Grenzen zwischen den Verantwortungsbereichen entwirrt werden. Der private Vernunftgebrauch entspricht dem durch rechtliche Vorgaben eingeschr\u00e4nkten Vernunftgebrauch, der im Genehmigungsverfahren gefordert ist. \u00d6ffentlicher Gebrauch von Vernunft ist hingegen nicht formal und rechtlich eingeschr\u00e4nkt. Die Frage nach der ethischen Vertretbarkeit erfordert beide Formen des Vernunftgebrauchs, ohne sie miteinander zu verwechseln oder aufeinander zu reduzieren. Welche Konsequenzen die kantische Unterscheidung f\u00fcr die Entscheidung \u00fcber \u201eethische Vertretbarkeit\u201c im Beh\u00f6rdenalltag haben kann, wird mit besonderem Augenmerk auf die Bewertung des Nutzens von Forschungsvorhaben ausgef\u00fchrt. Dazu wird am Beispiel der Nutzenbewertung von Forschung an lebensstilbedingten Krankheiten gezeigt, wie die Beurteilung auf \u201eethische Vertretbarkeit\u201c nach sorgf\u00e4ltiger Unterscheidung zwischen \u00f6ffentlicher Diskussion von Werturteilen und beh\u00f6rdlicher Pflichterf\u00fcllung verlangt. Der hohe Anspruch an die ethische Rechtfertigung von Tierversuchen wird so nicht geschm\u00e4lert, sondern durch die Kl\u00e4rung von Bedingungen und Zust\u00e4ndigkeiten gef\u00f6rdert.<\/p>

Schl\u00fcsselw\u00f6rter<\/span>
Ethik, Recht, G\u00fcterabw\u00e4gung, Nutzeneinstufung<\/p>

Summary<\/span>
Whether animal projects are ethically fungible, and if they are, in which cases, is a matter of both public debate as well as academic discussion in moral-philosophy. Also, the approving authorities are instructed to evaluate animal projects in light of their \u201aethical fungibility\u2018, as a prerequisite for their permission. The question of ethical fungibility therefore is situated in a hybrid position between ethics and law. Consequently, it often remains unclear as to how far social and ethical responsibility as well as authority in the evaluative action could or should reach. Applying Kant\u2019s distinction between a public and a private use of reason can help to disentangle the limits of these two spheres of responsibility. The private use of reason corresponds to the use of reason that is determined by legal frameworks, as required in evaluative action. Public use of reason, in contrast, is not limited in neither formal nor legal regards. The question of ethical fungibility requires both forms of use of reason, without confusing nor reducing them with each other. The consequences of Kant\u2019s distinction for the evaluation of ethical fungibility will be explained with a special focus on the evaulation of the proposed project\u2019s benefit. The example of the evaluation of research on lifestyle-related diseases will show, how the evaluation of ethical fungibility calls for a careful distinction between public debate of normative judgements and official acquittal. The high requirement on ethical justification of animal projects is thereby not narrowed, but rather raised by a clarification of cognisance and conditions.<\/p>

Keywords<\/span>
ethics, law, harm-benefit analysis, benefit assessment<\/p>","categories":["Tier\u00e4rztliche Wochenschrift","Abostufe BMTW","Fachartikel"],"fromDate":"Jun 18, 2018 12:44:10 PM","oldUrls":["http:\/\/vetline.de\/privater-oder-oeffentlicher-vernunftgebrauch-zur-pruefung-auf-ethische-vertretbarkeit-von-tierversuchsvorhaben\/150\/3130\/108405"],"doiLanguage":"deutsch","doiProductFormat":"online","doiPublisher":"Schl\u00fctersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG","doiSerialWorkTitle":"Berl M\u00fcnch Tier\u00e4rztl Wochensch","doiDocumentUri":"https:\/\/vetline.de\/files\/smfiledata\/7\/2\/2\/4\/5\/2\/BMTW_AOP_17099_Weich.pdf","doiSource":"Berl M\u00fcnch Tier\u00e4rztl Wochensch","doiissn":"0005-9366","doiNr":"10.2376\/0005-9366-17099","doiFirstPage":".","doiLastPage":"..","doiTransmitted":true,"doiAuthor":"Weich K","pdf":{"path":"http:\/\/data\/BMTW_AOP_17099_Weich.pdf","title":"BMTW_AOP_17099_Weich","description":"Privater oder \u00f6ffentlicher Vernunftgebrauch? Zur Pr\u00fcfung auf ethische Vertretbarkeit von Tierversuchsvorhaben"},"authors":[{"firstName":"K","middleName":"","lastName":"Weich"}],"contentOptimised":"

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Mit der kantischen Unterscheidung zwischen einem privaten und einem \u00f6ffentlichen Gebrauch der Vernunft k\u00f6nnen die Grenzen zwischen den Verantwortungsbereichen entwirrt werden. Der private Vernunftgebrauch entspricht dem durch rechtliche Vorgaben eingeschr\u00e4nkten Vernunftgebrauch, der im Genehmigungsverfahren gefordert ist. \u00d6ffentlicher Gebrauch von Vernunft ist hingegen nicht formal und rechtlich eingeschr\u00e4nkt. Die Frage nach der ethischen Vertretbarkeit erfordert beide Formen des Vernunftgebrauchs, ohne sie miteinander zu verwechseln oder aufeinander zu reduzieren. Welche Konsequenzen die kantische Unterscheidung f\u00fcr die Entscheidung \u00fcber \u201eethische Vertretbarkeit\u201c im Beh\u00f6rdenalltag haben kann, wird mit besonderem Augenmerk auf die Bewertung des Nutzens von Forschungsvorhaben ausgef\u00fchrt. Dazu wird am Beispiel der Nutzenbewertung von Forschung an lebensstilbedingten Krankheiten gezeigt, wie die Beurteilung auf \u201eethische Vertretbarkeit\u201c nach sorgf\u00e4ltiger Unterscheidung zwischen \u00f6ffentlicher Diskussion von Werturteilen und beh\u00f6rdlicher Pflichterf\u00fcllung verlangt. Der hohe Anspruch an die ethische Rechtfertigung von Tierversuchen wird so nicht geschm\u00e4lert, sondern durch die Kl\u00e4rung von Bedingungen und Zust\u00e4ndigkeiten gef\u00f6rdert.<\/p>

Schl\u00fcsselw\u00f6rter:<\/strong>
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Whether animal projects are ethically fungible, and if they are, in which cases, is a matter of both public debate as well as academic discussion in moral-philosophy. Also, the approving authorities are instructed to evaluate animal projects in light of their \u201aethical fungibility\u2018, as a prerequisite for their permission. The question of ethical fungibility therefore is situated in a hybrid position between ethics and law. Consequently, it often remains unclear as to how far social and ethical responsibility as well as authority in the evaluative action could or should reach. Applying Kant\u2019s distinction between a public and a private use of reason can help to disentangle the limits of these two spheres of responsibility. The private use of reason corresponds to the use of reason that is determined by legal frameworks, as required in evaluative action. Public use of reason, in contrast, is not limited in neither formal nor legal regards. The question of ethical fungibility requires both forms of use of reason, without confusing nor reducing them with each other. The consequences of Kant\u2019s distinction for the evaluation of ethical fungibility will be explained with a special focus on the evaulation of the proposed project\u2019s benefit. The example of the evaluation of research on lifestyle-related diseases will show, how the evaluation of ethical fungibility calls for a careful distinction between public debate of normative judgements and official acquittal. The high requirement on ethical justification of animal projects is thereby not narrowed, but rather raised by a clarification of cognisance and conditions.<\/p>

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Mit der kantischen Unterscheidung zwischen einem privaten und einem \u00f6ffentlichen Gebrauch der Vernunft k\u00f6nnen die Grenzen zwischen den Verantwortungsbereichen entwirrt werden. Der private Vernunftgebrauch entspricht dem durch rechtliche Vorgaben eingeschr\u00e4nkten Vernunftgebrauch, der im Genehmigungsverfahren gefordert ist. \u00d6ffentlicher Gebrauch von Vernunft ist hingegen nicht formal und rechtlich eingeschr\u00e4nkt. Die Frage nach der ethischen Vertretbarkeit erfordert beide Formen des Vernunftgebrauchs, ohne sie miteinander zu verwechseln oder aufeinander zu reduzieren. Welche Konsequenzen die kantische Unterscheidung f\u00fcr die Entscheidung \u00fcber \u201eethische Vertretbarkeit\u201c im Beh\u00f6rdenalltag haben kann, wird mit besonderem Augenmerk auf die Bewertung des Nutzens von Forschungsvorhaben ausgef\u00fchrt. Dazu wird am Beispiel der Nutzenbewertung von Forschung an lebensstilbedingten Krankheiten gezeigt, wie die Beurteilung auf \u201eethische Vertretbarkeit\u201c nach sorgf\u00e4ltiger Unterscheidung zwischen \u00f6ffentlicher Diskussion von Werturteilen und beh\u00f6rdlicher Pflichterf\u00fcllung verlangt. Der hohe Anspruch an die ethische Rechtfertigung von Tierversuchen wird so nicht geschm\u00e4lert, sondern durch die Kl\u00e4rung von Bedingungen und Zust\u00e4ndigkeiten gef\u00f6rdert.<\/p>

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