TY - JOUR AU - J Luy AB - Tierversuche an nicht-menschlichen Primaten stellen aus drei Gründen ein aktuelles Problem dar: In Deutschland ergeben sich aus der 2002 geschaffenen Staatszielbestimmung „ethischerTierschutz" (Art. 20a GG) praktische Konseguenzen für die Genehmigungspraxis von Primatenversuchen in der Grundlagenforschung; in Europa unterliegen die tierschutzrechtlichen Vorgaben aktuell einer Verschärfung und global ist die durch Wildfänge von Primaten verursachte Artenschutzproble-matik noch immer ungelöst. Infolge der Funktionsweise des menschlichen Gerechtigkeitsempfindens (Gleichheitsprinzip) war zu erwarten, dass den Menschenaffen, als den uns ähnlichsten Tieren,eine Schlüsselfunktion in der Tierschutzrechtsetzung zukommen würde. 1997 haben Großbritannien und Irland Versuche an Menschenaffen gesetzlich untersagt. 1999 hat Neuseeland, darüber hinausgehend, Menschenaffen eine Art Grundrechte geschaffen, 2003 haben sowohl die Niederlande die tierexperimentelle Forschung an Menschenaffen verboten als auch Schweden, welches die (in der aktuellen Taxonomie zu den Menschenaffen zählenden) Gibbons in dieses Verbot einbezogen hat. 2006 hat auch Österreich die Forschung an Schimpansen, Bonobos, Gorillas, Orang-Utans und Gibbons gesetzlich untersagt. Unlängst haben die staatlichen Ethikkommissionen der Schweiz ihren Gesetzgeber aufgefordert nachzuziehen. Aktuell wird im Sommer 2006 in Spanien über eine Staatszielbestimmung zum besonderen Schutz von Menschenaffen debattiert. Mit einer weiteren Ausdehnung des Versuchsverbotes (sowohl in geographischer als auch in systematischer Hinsicht) ist auf Grund des Gleichheitsprinzips zu rechnen.- Seitdem Inkrafttreten der Staatszielbestimmung „ethischerTierschutz" (Art. 20a GG) am 1.8.2002 haben die Genehmigungsbehörden ein eigenständiges materielles, also inhaltliches Prüfungsrecht zur Unerlässlichkeit und zur ethischen Vertretbarkeit beantragter Tierversuche (VerwG Gießen, bestätigt durch Hess. VGH), d.h.eine beantragte Genehmigung darf von der zuständigen Behörde nur erteilt werden, wenn die „ethische Vertretbarkeit" (gem. § 7 Abs.3TierSchG) tatsächlich gegeben ist. Die „ethische Vertretbarkeit" von Versuchen der Grundlagenforschung folgt anderen Regeln als die der angewandten Forschung. Der Grundlagenforschung wird pauschal zugestanden,dass geringe bis mäßige Schmerz- bzw. Leidenszufügung noch ethisch vertretbar ist; als ethisch nicht vertretbar gelten deutliche bis schwere Schmerzen oder Leiden. Aktuell wurde im Sommer 2006 in Berlin ein beantragter Primatenversuch der Grundlagenforschung auf Empfehlung derTierversuchs-kommission als „ethisch nicht vertretbar" klassifiziert und nicht genehmigt. BT - Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift C1 - {"oldId":69560,"title":"Ethische und rechtliche Aspekte von Tierversuchen an Primaten","teaserText":"DOI 10.2377\/0341-6593-114-81","content":"

Zusammenfassung<\/span>
Tierversuche an nicht-menschlichen Primaten stellen aus drei Gr\u00fcnden ein aktuelles Problem dar: In Deutschland ergeben sich aus der 2002 geschaffenen Staatszielbestimmung \u201eethischerTierschutz\" (Art. 20a GG) praktische Konseguenzen f\u00fcr die Genehmigungspraxis von Primatenversuchen in der Grundlagenforschung; in Europa unterliegen die tierschutzrechtlichen Vorgaben aktuell einer Versch\u00e4rfung und global ist die durch Wildf\u00e4nge von Primaten verursachte Artenschutzproble-matik noch immer ungel\u00f6st. Infolge der Funktionsweise des menschlichen Gerechtigkeitsempfindens (Gleichheitsprinzip) war zu erwarten, dass den Menschenaffen, als den uns \u00e4hnlichsten Tieren,eine Schl\u00fcsselfunktion in der Tierschutzrechtsetzung zukommen w\u00fcrde. 1997 haben Gro\u00dfbritannien und Irland Versuche an Menschenaffen gesetzlich untersagt. 1999 hat Neuseeland, dar\u00fcber hinausgehend, Menschenaffen eine Art Grundrechte geschaffen, 2003 haben sowohl die Niederlande die tierexperimentelle Forschung an Menschenaffen verboten als auch Schweden, welches die (in der aktuellen Taxonomie zu den Menschenaffen z\u00e4hlenden) Gibbons in dieses Verbot einbezogen hat. 2006 hat auch \u00d6sterreich die Forschung an Schimpansen, Bonobos, Gorillas, Orang-Utans und Gibbons gesetzlich untersagt. Unl\u00e4ngst haben die staatlichen Ethikkommissionen der Schweiz ihren Gesetzgeber aufgefordert nachzuziehen. Aktuell wird im Sommer 2006 in Spanien \u00fcber eine Staatszielbestimmung zum besonderen Schutz von Menschenaffen debattiert. Mit einer weiteren Ausdehnung des Versuchsverbotes (sowohl in geographischer als auch in systematischer Hinsicht) ist auf Grund des Gleichheitsprinzips zu rechnen.- Seitdem Inkrafttreten der Staatszielbestimmung \u201eethischerTierschutz\" (Art. 20a GG) am 1.8.2002 haben die Genehmigungsbeh\u00f6rden ein eigenst\u00e4ndiges materielles, also inhaltliches Pr\u00fcfungsrecht zur Unerl\u00e4sslichkeit und zur ethischen Vertretbarkeit beantragter Tierversuche (VerwG Gie\u00dfen, best\u00e4tigt durch Hess. VGH), d.h.eine beantragte Genehmigung darf von der zust\u00e4ndigen Beh\u00f6rde nur erteilt werden, wenn die \u201eethische Vertretbarkeit\" (gem. \u00a7 7 Abs.3TierSchG) tats\u00e4chlich gegeben ist. Die \u201eethische Vertretbarkeit\" von Versuchen der Grundlagenforschung folgt anderen Regeln als die der angewandten Forschung. Der Grundlagenforschung wird pauschal zugestanden,dass geringe bis m\u00e4\u00dfige Schmerz- bzw. Leidenszuf\u00fcgung noch ethisch vertretbar ist; als ethisch nicht vertretbar gelten deutliche bis schwere Schmerzen oder Leiden. Aktuell wurde im Sommer 2006 in Berlin ein beantragter Primatenversuch der Grundlagenforschung auf Empfehlung derTierversuchs-kommission als \u201eethisch nicht vertretbar\" klassifiziert und nicht genehmigt.


Summary<\/span>
Animal experiments on non-human primates give cause for ethical concerns for three reasons (1) the inclusion of\u201eethical animal protection\" in the German Con-stitution (Article 20a of the \u201eGrundgesetz\" GG,2002) has led to real conseguences for the application process with respect to the use of primates for fundamenta research; (2) the legal reguirements in Europe to ensure animal welfare are cur-rently being tightened and (3) the global problem of the protection of species, especially with respect to the capturing and subseguent sale of primates is still unsolved.As a result of the way humans interpret the termjustice (the principle of eguality) it was to be expected that great apes, being the animals that most closely resemble humans, would play a key role in the establishment of anima protection laws. In 1997, Great Britain and Ireland made it illegal to conduct expe-riments on great apes. In 1999, New Zealand went even further and created a kind of basic rights for great apes. In 2003,The Netherlands forbade animal experi-ments using great apes as did Sweden, which also included gibbons in this ban (which is in line with current taxonomy, which considers gibbons to belong to the family Hominidae). In 2006 Austria forbade experiments carried out on chimpan-zees, bonobos, gorillas, orang-utans,and gibbons. Only recently, a State commissi-on on ethics in Switzerland demanded that the Swiss government do the same. And the summer of 2006 sawa debate in Spain on the inclusion of the protection of great apes in the primary goals of the State. Due to the principle of egualitya further extension (both geographically and systemically) of the exclusion of great apes from animal experiments is to be expected.Since Article 20a GG on\u201eethica animal protection\"came into effect on August 1,2002, the regulatory authorities in Germany have the right to independently check and control animal experiments as to their ethical tenability (Administrative Court Giessen, confirmed by the Administrative Court of the State of Hessia) i.e. an authorization for experiments in the area of fundamental research may only be given by the authorities if the\u201eethical tenability\"(according to Section 7 paragraph 3 oftheGerman Lawon Animal Weifare) is given.The\u201eethical tenability\"of fundamental research experiments follows other rules than those that pertain to applied research. Fundamental research is granted a low to mid-level tolerance of pain and suffering as being ethically tenable; not tenable are stronger or very high doses of pain and suffering. Actually in summer 2006, a proposal for fundamental research using mon-keys was notapproved on recommendation of the Commission on Animal Weifare because it was considered to be\u201eethically untenable.\"<\/p>","categories":["Tier\u00e4rztliche Wochenschrift","Abostufe BMTW","Fachartikel"],"fromDate":"Mar 1, 2007 12:00:00 AM","toDate":"Dec 31, 2050 12:00:00 AM","oldUrls":["http:\/\/vetline.de\/ethische-rchtliche-aspekte-tierversuchen-primaten\/150\/3130\/69560"],"doiLanguage":"deutsch","doiProductFormat":"Online","doiPublisher":"M. & H. Schaper GmbH","doiSerialWorkTitle":"Dtsch.tier\u00e4rztl.Wschr.","doiDocumentUri":"http:\/\/www.vetline.de\/ethische-rchtliche-aspekte-tierversuchen-primaten\/150\/3130\/69560","doiSource":"Dtsch.tier\u00e4rztl.Wschr. 114: 3, 81-85 (2007)","doiissn":"0341-6593","doiNr":"10.2377\/0341-6593-114-81","doiFirstPage":"81","doiLastPage":"85","doiTransmitted":true,"doiAuthor":"LUY J","pdf":{"path":"http:\/\/data\/dtw_2007_03_0081.pdf","title":"dtw_2007_03_0081.pdf","description":"Ethische und rechtliche Aspekte von Tierversuchen an Primaten

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Zusammenfassung<\/strong>
Tierversuche an nicht-menschlichen Primaten stellen aus drei Gr\u00fcnden ein aktuelles Problem dar: In Deutschland ergeben sich aus der 2002 geschaffenen Staatszielbestimmung \u201eethischerTierschutz\" (Art. 20a GG) praktische Konseguenzen f\u00fcr die Genehmigungspraxis von Primatenversuchen in der Grundlagenforschung; in Europa unterliegen die tierschutzrechtlichen Vorgaben aktuell einer Versch\u00e4rfung und global ist die durch Wildf\u00e4nge von Primaten verursachte Artenschutzproble-matik noch immer ungel\u00f6st. Infolge der Funktionsweise des menschlichen Gerechtigkeitsempfindens (Gleichheitsprinzip) war zu erwarten, dass den Menschenaffen, als den uns \u00e4hnlichsten Tieren,eine Schl\u00fcsselfunktion in der Tierschutzrechtsetzung zukommen w\u00fcrde. 1997 haben Gro\u00dfbritannien und Irland Versuche an Menschenaffen gesetzlich untersagt. 1999 hat Neuseeland, dar\u00fcber hinausgehend, Menschenaffen eine Art Grundrechte geschaffen, 2003 haben sowohl die Niederlande die tierexperimentelle Forschung an Menschenaffen verboten als auch Schweden, welches die (in der aktuellen Taxonomie zu den Menschenaffen z\u00e4hlenden) Gibbons in dieses Verbot einbezogen hat. 2006 hat auch \u00d6sterreich die Forschung an Schimpansen, Bonobos, Gorillas, Orang-Utans und Gibbons gesetzlich untersagt. Unl\u00e4ngst haben die staatlichen Ethikkommissionen der Schweiz ihren Gesetzgeber aufgefordert nachzuziehen. Aktuell wird im Sommer 2006 in Spanien \u00fcber eine Staatszielbestimmung zum besonderen Schutz von Menschenaffen debattiert. Mit einer weiteren Ausdehnung des Versuchsverbotes (sowohl in geographischer als auch in systematischer Hinsicht) ist auf Grund des Gleichheitsprinzips zu rechnen.- Seitdem Inkrafttreten der Staatszielbestimmung \u201eethischerTierschutz\" (Art. 20a GG) am 1.8.2002 haben die Genehmigungsbeh\u00f6rden ein eigenst\u00e4ndiges materielles, also inhaltliches Pr\u00fcfungsrecht zur Unerl\u00e4sslichkeit und zur ethischen Vertretbarkeit beantragter Tierversuche (VerwG Gie\u00dfen, best\u00e4tigt durch Hess. VGH), d.h.eine beantragte Genehmigung darf von der zust\u00e4ndigen Beh\u00f6rde nur erteilt werden, wenn die \u201eethische Vertretbarkeit\" (gem. \u00a7 7 Abs.3TierSchG) tats\u00e4chlich gegeben ist. Die \u201eethische Vertretbarkeit\" von Versuchen der Grundlagenforschung folgt anderen Regeln als die der angewandten Forschung. Der Grundlagenforschung wird pauschal zugestanden,dass geringe bis m\u00e4\u00dfige Schmerz- bzw. Leidenszuf\u00fcgung noch ethisch vertretbar ist; als ethisch nicht vertretbar gelten deutliche bis schwere Schmerzen oder Leiden. Aktuell wurde im Sommer 2006 in Berlin ein beantragter Primatenversuch der Grundlagenforschung auf Empfehlung derTierversuchs-kommission als \u201eethisch nicht vertretbar\" klassifiziert und nicht genehmigt.


Summary<\/strong>
Animal experiments on non-human primates give cause for ethical concerns for three reasons (1) the inclusion of\u201eethical animal protection\" in the German Con-stitution (Article 20a of the \u201eGrundgesetz\" GG,2002) has led to real conseguences for the application process with respect to the use of primates for fundamenta research; (2) the legal reguirements in Europe to ensure animal welfare are cur-rently being tightened and (3) the global problem of the protection of species, especially with respect to the capturing and subseguent sale of primates is still unsolved.As a result of the way humans interpret the termjustice (the principle of eguality) it was to be expected that great apes, being the animals that most closely resemble humans, would play a key role in the establishment of anima protection laws. In 1997, Great Britain and Ireland made it illegal to conduct expe-riments on great apes. In 1999, New Zealand went even further and created a kind of basic rights for great apes. In 2003,The Netherlands forbade animal experi-ments using great apes as did Sweden, which also included gibbons in this ban (which is in line with current taxonomy, which considers gibbons to belong to the family Hominidae). In 2006 Austria forbade experiments carried out on chimpan-zees, bonobos, gorillas, orang-utans,and gibbons. Only recently, a State commissi-on on ethics in Switzerland demanded that the Swiss government do the same. And the summer of 2006 sawa debate in Spain on the inclusion of the protection of great apes in the primary goals of the State. Due to the principle of egualitya further extension (both geographically and systemically) of the exclusion of great apes from animal experiments is to be expected.Since Article 20a GG on\u201eethica animal protection\"came into effect on August 1,2002, the regulatory authorities in Germany have the right to independently check and control animal experiments as to their ethical tenability (Administrative Court Giessen, confirmed by the Administrative Court of the State of Hessia) i.e. an authorization for experiments in the area of fundamental research may only be given by the authorities if the\u201eethical tenability\"(according to Section 7 paragraph 3 oftheGerman Lawon Animal Weifare) is given.The\u201eethical tenability\"of fundamental research experiments follows other rules than those that pertain to applied research. Fundamental research is granted a low to mid-level tolerance of pain and suffering as being ethically tenable; not tenable are stronger or very high doses of pain and suffering. Actually in summer 2006, a proposal for fundamental research using mon-keys was notapproved on recommendation of the Commission on Animal Weifare because it was considered to be\u201eethically untenable.\"<\/p>","primaryLanguage":"deutsch","zusammenfassung":"Tierversuche an nicht-menschlichen Primaten stellen aus drei Gr\u00fcnden ein aktuelles Problem dar: In Deutschland ergeben sich aus der 2002 geschaffenen Staatszielbestimmung \u201eethischerTierschutz\" (Art. 20a GG) praktische Konseguenzen f\u00fcr die Genehmigungspraxis von Primatenversuchen in der Grundlagenforschung; in Europa unterliegen die tierschutzrechtlichen Vorgaben aktuell einer Versch\u00e4rfung und global ist die durch Wildf\u00e4nge von Primaten verursachte Artenschutzproble-matik noch immer ungel\u00f6st. Infolge der Funktionsweise des menschlichen Gerechtigkeitsempfindens (Gleichheitsprinzip) war zu erwarten, dass den Menschenaffen, als den uns \u00e4hnlichsten Tieren,eine Schl\u00fcsselfunktion in der Tierschutzrechtsetzung zukommen w\u00fcrde. 1997 haben Gro\u00dfbritannien und Irland Versuche an Menschenaffen gesetzlich untersagt. 1999 hat Neuseeland, dar\u00fcber hinausgehend, Menschenaffen eine Art Grundrechte geschaffen, 2003 haben sowohl die Niederlande die tierexperimentelle Forschung an Menschenaffen verboten als auch Schweden, welches die (in der aktuellen Taxonomie zu den Menschenaffen z\u00e4hlenden) Gibbons in dieses Verbot einbezogen hat. 2006 hat auch \u00d6sterreich die Forschung an Schimpansen, Bonobos, Gorillas, Orang-Utans und Gibbons gesetzlich untersagt. Unl\u00e4ngst haben die staatlichen Ethikkommissionen der Schweiz ihren Gesetzgeber aufgefordert nachzuziehen. Aktuell wird im Sommer 2006 in Spanien \u00fcber eine Staatszielbestimmung zum besonderen Schutz von Menschenaffen debattiert. Mit einer weiteren Ausdehnung des Versuchsverbotes (sowohl in geographischer als auch in systematischer Hinsicht) ist auf Grund des Gleichheitsprinzips zu rechnen.- Seitdem Inkrafttreten der Staatszielbestimmung \u201eethischerTierschutz\" (Art. 20a GG) am 1.8.2002 haben die Genehmigungsbeh\u00f6rden ein eigenst\u00e4ndiges materielles, also inhaltliches Pr\u00fcfungsrecht zur Unerl\u00e4sslichkeit und zur ethischen Vertretbarkeit beantragter Tierversuche (VerwG Gie\u00dfen, best\u00e4tigt durch Hess. VGH), d.h.eine beantragte Genehmigung darf von der zust\u00e4ndigen Beh\u00f6rde nur erteilt werden, wenn die \u201eethische Vertretbarkeit\" (gem. \u00a7 7 Abs.3TierSchG) tats\u00e4chlich gegeben ist. Die \u201eethische Vertretbarkeit\" von Versuchen der Grundlagenforschung folgt anderen Regeln als die der angewandten Forschung. Der Grundlagenforschung wird pauschal zugestanden,dass geringe bis m\u00e4\u00dfige Schmerz- bzw. Leidenszuf\u00fcgung noch ethisch vertretbar ist; als ethisch nicht vertretbar gelten deutliche bis schwere Schmerzen oder Leiden. Aktuell wurde im Sommer 2006 in Berlin ein beantragter Primatenversuch der Grundlagenforschung auf Empfehlung derTierversuchs-kommission als \u201eethisch nicht vertretbar\" klassifiziert und nicht genehmigt.","summary":"Animal experiments on non-human primates give cause for ethical concerns for three reasons (1) the inclusion of\u201eethical animal protection\" in the German Con-stitution (Article 20a of the \u201eGrundgesetz\" GG,2002) has led to real conseguences for the application process with respect to the use of primates for fundamenta research; (2) the legal reguirements in Europe to ensure animal welfare are cur-rently being tightened and (3) the global problem of the protection of species, especially with respect to the capturing and subseguent sale of primates is still unsolved.As a result of the way humans interpret the termjustice (the principle of eguality) it was to be expected that great apes, being the animals that most closely resemble humans, would play a key role in the establishment of anima protection laws. In 1997, Great Britain and Ireland made it illegal to conduct expe-riments on great apes. In 1999, New Zealand went even further and created a kind of basic rights for great apes. In 2003,The Netherlands forbade animal experi-ments using great apes as did Sweden, which also included gibbons in this ban (which is in line with current taxonomy, which considers gibbons to belong to the family Hominidae). In 2006 Austria forbade experiments carried out on chimpan-zees, bonobos, gorillas, orang-utans,and gibbons. Only recently, a State commissi-on on ethics in Switzerland demanded that the Swiss government do the same. And the summer of 2006 sawa debate in Spain on the inclusion of the protection of great apes in the primary goals of the State. Due to the principle of egualitya further extension (both geographically and systemically) of the exclusion of great apes from animal experiments is to be expected.Since Article 20a GG on\u201eethica animal protection\"came into effect on August 1,2002, the regulatory authorities in Germany have the right to independently check and control animal experiments as to their ethical tenability (Administrative Court Giessen, confirmed by the Administrative Court of the State of Hessia) i.e. an authorization for experiments in the area of fundamental research may only be given by the authorities if the\u201eethical tenability\"(according to Section 7 paragraph 3 oftheGerman Lawon Animal Weifare) is given.The\u201eethical tenability\"of fundamental research experiments follows other rules than those that pertain to applied research. Fundamental research is granted a low to mid-level tolerance of pain and suffering as being ethically tenable; not tenable are stronger or very high doses of pain and suffering. Actually in summer 2006, a proposal for fundamental research using mon-keys was notapproved on recommendation of the Commission on Animal Weifare because it was considered to be\u201eethically untenable.\"<\/p>","translatedTitle":"DOI 10.2377\/0341-6593-114-81","abstractE":"Tierversuche an nicht-menschlichen Primaten stellen aus drei Gr\u00fcnden ein aktuelles Problem dar: In Deutschland ergeben sich aus der 2002 geschaffenen Staatszielbestimmung \u201eethischerTierschutz\" (Art. 20a GG) praktische Konseguenzen f\u00fcr die Genehmigungspraxis von Primatenversuchen in der Grundlagenforschung; in Europa unterliegen die tierschutzrechtlichen Vorgaben aktuell einer Versch\u00e4rfung und global ist die durch Wildf\u00e4nge von Primaten verursachte Artenschutzproble-matik noch immer ungel\u00f6st. Infolge der Funktionsweise des menschlichen Gerechtigkeitsempfindens (Gleichheitsprinzip) war zu erwarten, dass den Menschenaffen, als den uns \u00e4hnlichsten Tieren,eine Schl\u00fcsselfunktion in der Tierschutzrechtsetzung zukommen w\u00fcrde. 1997 haben Gro\u00dfbritannien und Irland Versuche an Menschenaffen gesetzlich untersagt. 1999 hat Neuseeland, dar\u00fcber hinausgehend, Menschenaffen eine Art Grundrechte geschaffen, 2003 haben sowohl die Niederlande die tierexperimentelle Forschung an Menschenaffen verboten als auch Schweden, welches die (in der aktuellen Taxonomie zu den Menschenaffen z\u00e4hlenden) Gibbons in dieses Verbot einbezogen hat. 2006 hat auch \u00d6sterreich die Forschung an Schimpansen, Bonobos, Gorillas, Orang-Utans und Gibbons gesetzlich untersagt. Unl\u00e4ngst haben die staatlichen Ethikkommissionen der Schweiz ihren Gesetzgeber aufgefordert nachzuziehen. Aktuell wird im Sommer 2006 in Spanien \u00fcber eine Staatszielbestimmung zum besonderen Schutz von Menschenaffen debattiert. Mit einer weiteren Ausdehnung des Versuchsverbotes (sowohl in geographischer als auch in systematischer Hinsicht) ist auf Grund des Gleichheitsprinzips zu rechnen.- Seitdem Inkrafttreten der Staatszielbestimmung \u201eethischerTierschutz\" (Art. 20a GG) am 1.8.2002 haben die Genehmigungsbeh\u00f6rden ein eigenst\u00e4ndiges materielles, also inhaltliches Pr\u00fcfungsrecht zur Unerl\u00e4sslichkeit und zur ethischen Vertretbarkeit beantragter Tierversuche (VerwG Gie\u00dfen, best\u00e4tigt durch Hess. VGH), d.h.eine beantragte Genehmigung darf von der zust\u00e4ndigen Beh\u00f6rde nur erteilt werden, wenn die \u201eethische Vertretbarkeit\" (gem. \u00a7 7 Abs.3TierSchG) tats\u00e4chlich gegeben ist. Die \u201eethische Vertretbarkeit\" von Versuchen der Grundlagenforschung folgt anderen Regeln als die der angewandten Forschung. Der Grundlagenforschung wird pauschal zugestanden,dass geringe bis m\u00e4\u00dfige Schmerz- bzw. Leidenszuf\u00fcgung noch ethisch vertretbar ist; als ethisch nicht vertretbar gelten deutliche bis schwere Schmerzen oder Leiden. 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Infolge der Funktionsweise des menschlichen Gerechtigkeitsempfindens (Gleichheitsprinzip) war zu erwarten, dass den Menschenaffen, als den uns ähnlichsten Tieren,eine Schlüsselfunktion in der Tierschutzrechtsetzung zukommen würde. 1997 haben Großbritannien und Irland Versuche an Menschenaffen gesetzlich untersagt. 1999 hat Neuseeland, darüber hinausgehend, Menschenaffen eine Art Grundrechte geschaffen, 2003 haben sowohl die Niederlande die tierexperimentelle Forschung an Menschenaffen verboten als auch Schweden, welches die (in der aktuellen Taxonomie zu den Menschenaffen zählenden) Gibbons in dieses Verbot einbezogen hat. 2006 hat auch Österreich die Forschung an Schimpansen, Bonobos, Gorillas, Orang-Utans und Gibbons gesetzlich untersagt. Unlängst haben die staatlichen Ethikkommissionen der Schweiz ihren Gesetzgeber aufgefordert nachzuziehen. Aktuell wird im Sommer 2006 in Spanien über eine Staatszielbestimmung zum besonderen Schutz von Menschenaffen debattiert. Mit einer weiteren Ausdehnung des Versuchsverbotes (sowohl in geographischer als auch in systematischer Hinsicht) ist auf Grund des Gleichheitsprinzips zu rechnen.- Seitdem Inkrafttreten der Staatszielbestimmung „ethischerTierschutz" (Art. 20a GG) am 1.8.2002 haben die Genehmigungsbehörden ein eigenständiges materielles, also inhaltliches Prüfungsrecht zur Unerlässlichkeit und zur ethischen Vertretbarkeit beantragter Tierversuche (VerwG Gießen, bestätigt durch Hess. VGH), d.h.eine beantragte Genehmigung darf von der zuständigen Behörde nur erteilt werden, wenn die „ethische Vertretbarkeit" (gem. § 7 Abs.3TierSchG) tatsächlich gegeben ist. Die „ethische Vertretbarkeit" von Versuchen der Grundlagenforschung folgt anderen Regeln als die der angewandten Forschung. Der Grundlagenforschung wird pauschal zugestanden,dass geringe bis mäßige Schmerz- bzw. Leidenszufügung noch ethisch vertretbar ist; als ethisch nicht vertretbar gelten deutliche bis schwere Schmerzen oder Leiden. Aktuell wurde im Sommer 2006 in Berlin ein beantragter Primatenversuch der Grundlagenforschung auf Empfehlung derTierversuchs-kommission als „ethisch nicht vertretbar" klassifiziert und nicht genehmigt. PB - M. & H. Schaper GmbH PP - Hannover PY - 2007 SP - 81 EP - 85 T1 - Ethische und rechtliche Aspekte von Tierversuchen an Primaten T2 - Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift TI - Ethische und rechtliche Aspekte von Tierversuchen an Primaten TT - DOI 10.2377/0341-6593-114-81 VL - 114 SN - 0341-6593 ER -