02910nas a2200205 4500000000100000000000100001008004100002260004800043653001700091653002500108653001400133653002400147100001400171245005300185250000700238300001600245490000800261520242100269022001402690 2020 d c12/2020bSchlütersche VerlagsgesaHannover10aKomplexität10aTierschutzleistungen10aÖkonomie10aunfairer Wettbewerb1 aA Sundrum00aSchwanzbeißen – ein systeminhärentes Problem a12 a1213–12270 v1013 aDie Amputation von Schweineschwänzen ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Dennoch wird diese Maßnahme flächendeckend in Deutschland praktiziert. Nun pocht die EU-Kommission auf Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und lenkt damit den Fokus auf ein seit Jahrzehnten ungelöstes Tierschutzproblem. Das Schwanzbeißen ist jedoch nicht nur ein einzelbetriebliches Problem, sondern eingebettet in agrarpolitische, ökonomische, tierschutzrelevante, wissenschaftliche und tiermedizinische Dimensionen. Eine Reflexion der involvierten Dimensionen liefert Erklärungsansätze, warum das Problem des Schwanzbeißens unter den gegebenen Verhältnissen der Schweineproduktion in Deutschland bislang keiner Lösung zugeführt werden konnte. Es mangelt nicht nur am politischen Willen, die gesetzlichen Vorgaben auf den Betrieben zu kontrollieren und durchzusetzen. Der vorherrschende Unterbietungswettbewerb auf den globalen Märkten unterminiert die Handlungsoptionen eines exportorientierten Wirtschaftszweiges. Hinzu kommt, dass es für das Problem des Schwanzbeißens keine Patentrezepte gibt, weil es in hohem Maße kontext-abhängig ist und keinen Gesetzmäßigkeiten folgt. Andererseits suggerieren die naturwissenschaftlichen, auf kontext-invariante Gesetzmäßigkeiten ausgerichteten Ansätze der beteiligten Fachdisziplinen weiterhin, dass es verallgemeinerungsfähige Lösungsansätze geben würde. Damit verhindern sie, dass die Relevanz des Schwanzbeißens angemessen in den einzelbetrieblichen Kontext und in die Gesamtproblematik des Tierschutzes eingeordnet wird. Auch die Tierärzteschaft, deren Expertise für die Lösung des Problems unabdingbar ist, erscheint im Konfliktfeld zwischen Partikular- und Gemeinwohlinteressen weitgehend zur Untätigkeit verdammt. Als ein systeminhärentes Tierschutzproblem bedarf das Schwanzbeißen systemischer Lösungsansätze, die das Phänomen in den betriebsspezifischen Kontext und über die Erfassung der einzelbetrieblichen Tierschutzleistungen anhand aussagefähiger Eisberg-Variablen in ein überbetriebliches Benchmarking einordnen. Erst dadurch kann das für eine Neuorientierung unabdingbare Orientierungs- und Handlungswissen generiert werden. Gleichzeitig werden die Voraussetzungen für die Etablierung fairer Wettbewerbsbedingungen geschaffen, ohne die keine nachhaltigen Verbesserungen der Tierschutzproblematik und des Schwanzbeißens zu erwarten sind. a0032-681X