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Foto: Vogelpraxis Dr. S. Kling und G. Feder, Berlin

Inhaltsverzeichnis

Kleintierpraxis

Bezoare im Kropf von Nymphensittichen (Nymphicus hollandicus) und Wellensittichen (Melopsittacus undulatus)

Foreign bodies in the crop of cockatiels (Nymphicus hollandicus) and budgerigars (Melopsittacus undulatus) – a retro- and prospective study

Kleintierpraxis 67, 236–249

DOI: 10.2377/0023-2076-67-236

Publiziert: 05/2022

Zusammenfassung

Retro- und prospektive Patientendaten von Nymphen- und Wellensittichen aus zwei Berliner Vogelpraxen wurden hinsichtlich des Vorkommens von Kropffremdkörpern ausgewertet. Zwölf Nymphensittiche und zwölf Wellensittiche erfüllten die Einschlusskriterien einer über mehrere Tage bestehenden derben Umfangsvermehrung im Kropf. Das Alter der Nymphensittiche lag im Median bei 3,3 Jahren (Altersspanne: 1–8 Jahre), das der Wellensittiche bei 4,0 Jahren (Altersspanne: 1–6 Jahre). Neun Nymphensittiche (75 %) und zehn Wellensittiche (83 %) waren männlich. Vorstellungsgründe waren vor allem unspezifische gas­trointestinale Symptome wie Erbrechen (n = 9), Durchfall (n = 6) und Würgen (n = 5), des Weiteren Apathie (n = 8), die Beobachtung der Fremdkörperaufnahme (n = 3), Foetor ex ore (n = 3), Gewichtsabnahme (n = 2), aufgeplustertes Gefieder (n = 2) und Niesen (n = 2). Die Verdachtsdiagnose Kropffremdkörper wurde bei 21 von 22 Vögeln durch Palpation des Kropfbereiches gestellt. Röntgenaufnahmen wurden bei drei Nymphensittichen und einem Wellensittich ange­fertigt. Die Verdachtsdiagnose beruhte bei einem Nymphensittich lediglich auf dem Röntgenbefund, die Diagnose bei jeweils einem weiteren Nymphen- und Wellensittich wurde nach Tod bzw. Euthanasie durch Sektion gestellt. Zehn Nymphensittiche und elf Wellensittiche wurden ingluviotomiert, jeweils sieben Tiere überlebten die Operation und die Folgetage. Bei einem Nymphensittich wurde der Fremdkörper in Narkose peroral entfernt, dieser verstarb jedoch drei Tage später. Die Letalität der 24 Sittiche mit Kropffremdkörper betrug 42 %. Als Fremdkörper im Kropf wurden in allen Fällen faserige Bezoare nachgewiesen. Eine weiterführende Untersuchung von vier Fremdkörpern ergab ein Phytobezoar, ein Mischbezoar aus Natur- und Kunstfasern sowie zwei Naturfaserbezoare hartfaserigen Ursprungs.
 

Bezoar
Ingluviotomie
Ziervögel
Erbrechen
Durchfall

Summary

Retro- and prospective patient data of cockatiels and budgerigars from two veterinary practices specialized for birds in Berlin were evaluated for the occurrence of crop foreign bodies. Twelve cockatiels and twelve budgerigars fulfilled the inclusion criteria of a firm movable crop mass lasting for several days. The median age of the cockatiels was 3.3 years (age range: 1–8 years), that of the budgies 4.0 years (age range: 1–6 years). Nine cockatiels (75%) and ten budgerigars (83%) were males. Reasons for presentation were mainly non-specific gastrointestinal symptoms such as vomiting (n=9), diarrhea (n=6) and gagging (n=5), further apathy (n=8), observation of foreign body ingestion (n=3), foetor ex ore (n=3), weight loss (n=2), fluffed feathers (n=2), and sneezing (n=2). The suspected diagnosis of a crop foreign body was made in 21 of 22 birds by palpation of the crop area. Radiography was performed in three cockatiels and one budgerigar. In one cockatiel the suspected diagnosis was only made by radiography and in one cockatiel and one budgerigar the diagnosis was made by necropsy after death or euthanasia. In ten cockatiels and eleven budgerigars ingluviotomy was performed, seven cockatiels and eleven budgerigars survived the operation and the following days. In one cockatiel the foreign body was removed peroral under anesthesia but it died three days later. The lethality of the 24 birds was 42%. Fibrous bezoars were detected as foreign bodies in the crop in all cases. Further examination of four foreign bodies revealed one phytobezoar, one mixed bezoar of natural and synthetic fibres and two natural fibre bezoars of hard-fibre origin.
 

bezoar
ingluviotomy
pet birds
vomiting
Diarrhea

Einleitung

Ziervögel werden regelmäßig in der tierärztlichen Praxis vorgestellt, insbesondere Nymphensittiche und Wellensittiche (Gelis 2018). Kropferkrankungen spielen vor allem bei Wellensittichen eine Rolle und waren in einer Studie von Langenecker (2006) nach Neoplasien der zweithäufigste Vorstellungsgrund. Kropffremdkörper werden nur gelegentlich in der Literatur erwähnt und im Allgemeinen werden abgeknabberte Plastikteile und Holzstückchen sowie Fremdkörper aus Metall als potenzielle Fremdkörper für Papageien und Sittiche beschrieben (Pees et al. 2011). Auch Kropfbezoare aus natürlichen oder künstlichen Fasern spielen bei Sittichen und Papageien eine Rolle und sollen bei Wellensittichen, Nymphensittichen und Amazonen vorkommen (Kummerfeld et al. 1989). Trichobezoare nach Aufnahme von Haaren der Besitzerinnen und Phytobezoare nach Aufnahme von Sisalfasern als Spielzeugbestandteil sollen v. a. bei zahmen Sittichen auftreten (Schmidt 2010). Rosenwax und Cowan (2015) konnten bei 33 in Gefangenschaft gehaltenen Nymphensittichen Kropffremdkörper nachweisen. In 24 Fällen sollen Bestandteile von Baumwollseilen oder -spielzeugen, in zwei Fällen von Käfigabdeckungen aus Stoff sowie in jeweils einem Fall von Teppich, Nistmaterial aus Kokos bzw. Sisalseil der Ursprung der Fasern gewesen sein. Bei vier Nymphensittichen blieb die Fremdkörperquelle unklar. Fischer et al. (2006) erwähnen den Fall eines Nymphensittichs mit einem Trichobezoar, Rangel Nascimento et al. (2015) den eines Wellensittichs mit einem Phytobezoar im Kropf.

Ziel der vorliegenden Studie war es, retro- und prospektive Daten von Nymphensittichen und Wellensittichen mit Kropffremdkörpern auszuwerten.

Material und Methoden


Top Job:


Daten von Nymphen- und Wellensittichen mit Kropffremdkörpern, die zwischen November 2013 und Februar 2020 in zwei auf Ziervögel spezialisierten Tierarztpraxen in Berlin vorgestellt wurden, wurden retrospektiv ausgewertet. Eingeschlossen wurden Fälle von Tieren, bei denen Fremdkörper als persistierende, frei bewegliche Umfangsvermehrungen im Kropf nachgewiesen wurden. Aus den Patientendaten wurden Informationen zum Geschlecht erfasst (vorrangig anhand phänotypischer Merkmale bestimmt, im Fall eines Nymphensittichs mittels DNA-Untersuchung verifiziert). Die Geschlechtsbestimmung wurde bei Wellensittichen anhand der Wachshautfarbe vorgenommen (wildfarbige, hormonell aktive Männchen: dunkelblau [Forshaw 2003]; Weibchen rosafarben [Forshaw 2003] bzw. graubraun und rau [Sandmeier und Baumgartner 2015]). Bei den Nymphensittichen wurden Kopfgefieder und Wangenfleck (Männchen: prägnante Gelbfärbung des Kopfgefieders, intensiv-oranger Wangenfleck; Weibchen: beides deutlich blasser) sowie die Zeichnung der Schwanzfedern (Männchen: keine Querstreifen an Schwanzunterseite; Weibchen: blasse Querstreifen) beurteilt (Forshaw 2002). Alter (Besitzerangaben, ggf. die Zeit im Besitz als Anhaltspunkt), Farbschlag, Vorstellungsgrund und Anamnese wurden erfasst.

Mittels eines Fragebogens wurden von den Sittichbesitzer­innen Haltungs- und Fütterungsparameter sowie der Bezug zu den Besitzerinnen (Zahmheit) erfragt. Die Erhebung der Daten erfolgte größtenteils retrospektiv nach telefonischer Ankündigung und Zusendung des Fragebogens.

Daten zu Allgemeinuntersuchung, Therapie und Therapieerfolg sowie der Art der entfernten Fremdkörper wurden ausgewertet. Bei Sittichen, von denen Röntgenaufnahmen vorhanden waren, wurden diese erneut beurteilt.

Die makroskopische Bestimmung des entfernten Fremdkörpermaterials wurde in den Patientenakten notiert und in die Untersuchung einbezogen. Ein Fremdkörper wurde nach eingeleiteter pathologischer Untersuchung näher bestimmt. Drei Fremdkörper wurden im Kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamtes Berlin im Fachbereich Physik/Chemie/Textilien (LKA KTI 43) analysiert. Hierbei wurden aufgereinigte Proben der faserigen Materialien stereomikroskopisch auf Form- und Farbmerkmale untersucht. Es folgte eine stereomikroskopische Durchlichtuntersuchung von Einzelfasern im Hellfeld hinsichtlich ihrer Färbemerkmale und im polarisierten Licht hinsichtlich der physikalisch-optischen Merkmale. Chemische Fasern wurden im Anschluss mittels FTIR-Spektrometer (Fourier-Transformations-Infrarotspektrometer) untersucht. Von den verschiedenen Fasern wurden Querschnitte angefertigt und alle Ergebnisse fotografisch und schriftlich dokumentiert. Außerdem wurden beispielhaft Positivkontrollen in Form von Fasern käuflicher Sitzspiralen und -ringe vom LKA analysiert, um diese Ergebnisse mit denen der Bezoare vergleichen zu können.

In die Letalitätsberechnung wurden sowohl die peri- und post operationem verstorbenen als auch die euthanasierten Vögel, bei denen nur eine pathologische Untersuchung eingeleitet wurde, einbezogen.

Ergebnisse

Nymphensittiche

Anamnese und klinische Untersuchung

Aus den Patientendaten der beiden Tierarztpraxen wurden zwölf Nymphensittiche mit einem Kropffremdkörper ermittelt. Männliche Nymphensittiche waren mit 75 % (n = 9) überrepräsentiert. Zwei Sittiche waren weiblich (17 %) (ein Tier mittels DNA-Analyse bestimmt), bei einem Tier war das Geschlecht nicht bekannt. Das Alter der Nymphensittiche lag zwischen einem Jahr und acht Jahren (Median: 3 Jahre). Bei den fünf Vögeln, bei denen die Gefiederfarbe bekannt war, handelte es sich um drei wildfarbige und jeweils einen gelbgescheckten bzw. geperlten Nymphensittich. Im Vorbericht (Mehrfachnennungen möglich) dominierte bei sieben von zwölf Sittichen Apathie als Symptom, gefolgt von gastrointestinalen Symptomen (Tab. 1). Bei ebenfalls sieben von zwölf Nymphensittichen (58 %) wurde Erbrechen, zum Teil einhergehend mit verklebtem Kopfgefieder (Abb. 1), oder Durchfall bei sechs Tieren (50 %) als Symptom angegeben. Von diesen Tieren wiesen drei eine Kombination aus Erbrechen und Durchfall auf. In zwei Fällen (17 %) wurde jeweils die Aufnahme von Fremdmaterial, aufgeplustertes Gefieder oder Niesen beobachtet. Weiterhin wurden als Vorstellungsgründe jeweils einmal Gewichtsabnahme, unproduktives Würgen, verklebte Kloake, Hungerkot (Absatz kleiner Mengen grünlichen Kotes), Dyspnoe, ein vom Besitzer beschriebener „harter Kropf“ sowie die Diagnose eines Bezoars bei einem verstorbenen Partnertier (Tab. 1) genannt.

Das Vorstellungsgewicht war von zehn Nymphensittichen bekannt und lag im Median bei 85 g (Messbereich: 67,7–110,7 g).

Ein gestörtes Allgemeinbefinden wurde bei acht und ein verminderter Ernährungszustand bei fünf Tieren dokumentiert.

Bei der Palpation des Kropfes konnte bei zehn von zwölf Tieren eine derbe Umfangsvermehrung festgestellt werden, welche zum Teil auch durch die Haut sichtbar wurde (Abb. 2).

Weiterführende Diagnostik

In drei Fällen wurde eine röntgenologische Untersuchung durchgeführt (zwei Nativaufnahmen, eine Kontrastrastmittelaufnahme). Bei zwei Vögeln bestätigten die Röntgenaufnahmen den Palpationsbefund. In einem Fall beruhte die Verdachtsdiagnose ausschließlich auf dem Röntgenbefund. Röntgenologische Veränderungen, die auf einen Fremdkörper im Kropf hinwiesen, waren weichteildichte, unterschiedlich ausgedehnte Verschattungen im Bereich des Kropfes (Abb. 3).

Diagnose

Die Verdachtsdiagnose eines Kropffremdkörpers wurde bei acht von zwölf Vögeln (67 %) ausschließlich durch Palpation gestellt.

Therapie

Aufgrund des schlechten Allgemein- und Ernährungszustandes wurde bei einem Nymphensittich, der vorberichtlich Zimmerpflanzenteile (Efeutute Epipremnum aureum) aufgenommen hat, keine weiterführende Therapie eingeleitet und dieser Vogel euthanasiert und pathologisch untersucht.

Zur Fremdkörperentfernung wurde bei zehn von elf Nymphensittichen (91 %) eine Ingluviotomie unter Allgemeinanästhesie durchgeführt. Die Ingluviotomie wurde in unseren Fällen modifiziert nach der Beschreibung von Ritchie et al. (1994) und der Verschluss des Kropfes mit nichtperforierender, fortlaufender, einstülpender Naht durchgeführt. Bei einem Tier wurde der Fremdkörper in Narkose peroral mithilfe von Zangen, Pinzetten und digitaler Massage entfernt, wie von Sandmeier und Baumgartner (2015) beschrieben. Die Entfernung des Fremdkörpers erfolgte entweder am Tag der Erstvorstellung (Ingluviotomie: n = 3; peroral: n = 1) oder nach einer ein- oder zweitägigen stationären Stabilisierung (Median: 0,5 Tage) (n = 7) und in der Regel unter Gabe von Infusionen und Antibiose und bei Bedarf Breifütterung.

Aufgrund der inkonsistenten Datenlage und des retrospektiven Charakters der Studie konnte keine genaue Auswertung der perioperativen Behandlungen vorgenommen werden. Es wurden perioperativ Infusionen und Schmerzmittel sowie Antibiose und Breifütterung je nach Sittich verabreicht.

Verlauf

Sieben der zehn ingluviotomierten Nymphensittiche konnten einen bis vier Tage nach der Operation (Median: 3 Tage) symptomfrei entlassen werden. Die Nachkontrollen ergaben keine Auffälligkeiten. Drei Vögel verstarben einen bis drei Tage nach der Operation aufgrund unbekannter Ursache. Diese Tiere hatten schon vor der Operation einen schlechten Allgemeinzustand bzw. zwei davon nahmen reduziert Futter auf.

Der Nymphensittich, dem der Kropffremdkörper peroral entfernt wurde, wies zwei Tage nach dem Eingriff eine teigige Umfangsvermehrung im Kropf und ein schlechter werdendes Allgemeinbefinden auf. Kropfmassagen und Versuche, die Umfangsvermehrung mit dünnem Futterbrei aufzuweichen, blieben ohne Erfolg. Das Tier verstarb drei Tage nach dem Eingriff. Postmortal wurde röntgenologisch eine weichteildichte, homogene Verschattung im Kropfbereich nachgewiesen, die in der Sektion als Kropfstase mit einhergehender Eindickung des eingegebenen Futterbreis diagnostiziert wurde.

Drei der vier unmittelbar am Vorstellungstag operierten Tiere sowie vier der sieben Nymphensittiche, die vor dem Eingriff ein bis zwei Tage stationär aufgenommen und stabilisiert wurden, überlebten.

Die Letalität aller Nymphensittiche mit Kropffremdkörpern lag bei 42 % (5/12). Alle Nymphensittiche mit der Kombination von schlechtem Allgemein- und Ernährungszustand überlebten die Erkrankung nicht (n = 5).

Beurteilung der Fremdkörper der Nymphensittiche

Bei allen zwölf Nymphensittichen wurden Bezoare, aufgenommene und unverdauliche Materialien (Anonymous 2020) nachgewiesen (Abb. 4). Diese stellten sich als Konglomerate von kurz- bis langfaseriger Struktur, gemischt mit Futterpartikeln, dar. Bei einem Nymphensittich, der während der Datenauswertung operiert wurde, konnten zwei Bezoare aus dem Kropf entfernt werden (Abb. 4). Bei einem weiteren hat sich nur ein Fremdkörper gebildet. Für die anderen Sittiche waren keine Angaben in den Patientenakten vorhanden.

Ein Fremdkörper wurde als Phytobezoar bestimmt. Zwei Bezoarproben der Nymphensittiche wurden vom LKA untersucht. Beim Vorbereiten der Proben fiel auf, dass ein Bezoar nicht so derb und nach Waschen weicher war als der andere (Abb. 5). Es handelte sich um verschiedenfarbige Naturfasern (z. B. Sisal, Kokos), Chemiefasern unterschiedlicher Farben und verschiedener Rohstoffe (nach FTIR-Spektroskopie Ergebnis: Polyesterfasern, Polypropylenfasern, Zelluloseregeneratfasern) sowie Futterreste und Federbestandteile. Der zweite Bezoar bestand aus Naturfasern (mit Hartfasern wie Kokos oder Sisal) (Abb. 6).

Fragebogen

Fünf der zwölf Patientenbesitzerinnen beantworteten den zugesandten Fragebogen. Alle Nymphensittiche hatten mindestens einen artgleichen Partner. Volierenhaltung mit fensternahem, hellem Standort (n = 4) war die dominierende Haltungsform. Ein Nymphensittich lebte in einem Vogelzimmer mit restriktivem Zugang zu einer Außenvoliere. Jedem der fünf Nymphensittiche stand Beschäftigungsmaterial in Form von Baumwollseilen, als Spielzeugaufhängung oder Sitzgelegenheit, Sisalspielzeugen oder Gräsern zur Verfügung. Vier Besitzerinnen gaben an, die Nymphensittiche aktiv beim Beknabbern von Baumwoll- oder Sisalseil, Pflanzen (während des Freifluges), Gardinen oder Stoffdecken beobachtet zu haben. Drei der fünf Sittiche waren zahm.

Wellensittiche

Anamnese und klinische Untersuchung

Bei zwölf Wellensittichen wurde ein Fremdkörper im Kropf diagnostiziert.

Zehn Vögel (83 %) wurden anhand der phänotypischen Merkmale als Männchen und zwei als Weibchen (17 %) bestimmt. Die zehn Wellensittiche mit bekanntem Alter waren bei Vorstellung zwischen einem Jahr und sechs Jahren alt (Median: 4 Jahre). Die Gefiederfarbe war von sieben Vögeln (58 %) bekannt. Fünf Tiere waren blau (unterschiedliche Farbmorphen), ein Tier grün, ein weiteres grau.

Vorstellungsgrund und Hauptsymptom war bei vier Wellensittichen (33 %) Würgen (Tab. 1). Bei drei Vögeln (25 %) gaben die Besitzerinnen als Vorstellungsgrund Foetor ex ore an, zwei Wellensittiche (17 %) wurden mit Erbrechen vorgestellt. Jeweils einmal (Mehrfachnennungen möglich) (8 %) wurden Gewichtsverlust, Apathie, Dyspnoe, Kratzen im Kropf- bzw. Kopfbereich, übel riechender Kot und/oder eine verklebte Kloake beschrieben sowie direkt die Fremdkörperaufnahme beobachtet. Ein Vogel wurde überwiesen, da nach Untersuchung der Verdacht auf einen Kropffremdkörper geäußert wurde.

Das Gewicht wurde bei allen zwölf Vögeln erhoben und lag bei Vorstellung im Median bei 44 g (Messbereich: 30,2–55 g). Von sieben Wellensittichen wurde der Allgemeinzustand dokumentiert, wovon nur einer als ruhig beschrieben wurde. Von drei Wellensittichen war der Ernährungszustand bekannt. Ein Vogel war nur mäßig genährt, ein anderer gut bis sehr gut und ein weiteres Tier war adipös.

Ein Wellensittich starb vor der Untersuchung im Wartezimmer, jedoch wurden für diesen Vogel Vorstellungsgrund und Symptome ebenfalls erhoben.

Weiterführende Diagnostik

Bei einem Wellensittich wurde ein Röntgenbild angefertigt und im Bereich des Kropfes eine homogene weichteildichte Verschattung nachgewiesen.

Bei dem unmittelbar vor der klinischen Untersuchung verstorbenen Tier wurde postmortal der Kropf eröffnet und der Inhalt beurteilt.

Diagnose

Die Verdachtsdiagnose eines Kropffremdkörpers wurde bei zehn von elf (91 %) Wellensittichen ausschließlich durch Palpation gestellt und bei einem Wellensittich durch Röntgenaufnahmen (ohne Kontrastmittelgabe) gestützt.

Therapie

Bei einem Wellensittich konnte keine Therapie eingeleitet werden, da er im Wartezimmer verstorben war. Bei den restlichen elf Wellensittichen wurde eine Ingluviotomie durchgeführt. Bei drei Wellensittichen wurde dies unmittelbar am Tag der Erstvorstellung vorgenommen. Bei acht Wellensittichen wurde vor der OP eine ein- bis dreitägige stationäre Stabilisierung (Median: 1 Tag) durchgeführt (in der Regel Gabe von Infusionen und Antibiose und ggf. Zufütterung mit Brei). Auch für die Wellensittiche konnte keine abschließende Auswertung der perioperativen Behandlungen vorgenommen werden. Sie erhielten je nach Fall Infusionen, Schmerzmittel sowie Antibiose und Breifütterung.

Verlauf

Drei Wellensittiche verstarben während der Narkose aus unbekannten Gründen: ein Tier (mit schlechtem Allgemein- und Ernährungszustand) in der Einleitungsphase der Inhalationsnarkose, ein Tier während der Operation und das dritte Tier in der Aufwachphase.

Acht Wellensittiche wurden erfolgreich ingluviotomiert. Ein Vogel davon verstarb vier Tage nach der Operation ohne erkennbare Ursache, nachdem er eine schlechte Futteraufnahme und ein stark reduziertes Allgemeinbefinden aufwies. Die anderen sieben Wellensittiche wurden zwei bis vier Tage nach der Operation (Median: 3 Tage) symptomfrei entlassen. Die Nachkontrollen waren ohne Auffälligkeiten.

Zwei der drei unmittelbar am Vorstellungstag operierten Tiere sowie fünf der acht Wellensittiche, die vor dem Eingriff ein bis drei Tage stationär aufgenommen und stabilisiert wurden, überlebten.

Die Letalität aller Wellensittiche mit Kropffremdkörpern lag bei 42 % (5/12).

Beurteilung der Fremdkörper der Wellensittiche

Die makroskopische Beurteilung ergab in allen Fällen Faserbezoare, gemischt mit Futterpartikeln. Bei einem Wellensittich bestand der Bezoar nur aus einem Fremdkörperteil, bei den anderen Sittichen wurde dies nicht dokumentiert. Der im LKA KTI 43 untersuchte Fremdkörper bestand aus verschiedenfarbigen Naturfasern, Futterresten, Federbestandteilen und weiteren Partikeln, die nicht näher bestimmt werden konnten. Die mikroskopische Untersuchung ergab Naturhartfasern (z. B. Kokos oder Sisal) als Ursprung des Bezoars.

Fragebogen

Sieben von zwölf Wellensittichbesitzerinnen (59 %) beantworteten den Fragebogen. Vier Wellensittiche lebten in einem Käfig, zwei in einem Vogelzimmer und einer in einer Zimmervoliere. Alle Wellensittiche waren mit mindestens einem weiteren artgleichen Tier vergesellschaftet. Sechs Vögel hatten Zugang zu Spielzeugen bzw. Sitzgelegenheiten aus Sisal, Wolle oder Baumwolle. Beim siebten Vogel wurden lediglich durch den Vorbesitzer Seile als Sitzgelegenheit angeboten. Fünf Besitzerinnen beobachteten bei ihren Wellensittichen aktiv das Beknabbern von Fasermaterialien. Sechs der sieben Wellensittiche (86 %) wurden als zahm, teilweise zahm bzw. futterzahm beschrieben, wovon drei Vögel personenbezogen waren. Ein Vogel war laut Angaben auf den Menschen, ein weiterer auf ein Spielzeug fehlgeprägt.

Faseranalyse Spielzeugproben

Vergleichend zu den Kropfbezoaren wurden Faserproben (n = 4) von im Handel erhältlichen Sitzspiralen und -ringen vom LKA KTI 43 untersucht. Bei allen Spielzeugen wurde als Material lediglich Baumwolle deklariert. Alle Proben enthielten jedoch neben Baumwolle auch Chemiefasern (unterschiedlicher Rohstoffe, nicht weiter untersucht). Zum Teil bestanden sogar einzelne Zwirne aus einer Mischung von Chemiefaser und Baumwolle. Naturfasern wurden nicht nachgewiesen. Chemie- und Baumwollfasern waren sowohl weiß als auch bunt gefärbt.

Diskussion

In der vorliegenden Untersuchung wurden als Kropffremdkörper ausschließlich Bezoare nachgewiesen. Einzelne Berichte aus der Literatur beschreiben auch andere Fremdkörper bei Nymphen- und Wellensittichen. Raisi et al. (2018) berichteten von einem Nymphensittich, der einen Futterschlauch bei der Handaufzucht vollständig verschluckt hat. Das Auftreten von Kropfsteinen (Ingluviolithen), bei denen es sich nach Kummerfeld et al. (1989) um steinartige Zubildungen handelt, die vor allem aus Harnsäure (Wolf et al. 1995), aber auch aus Apatit, Oxalat, Karbonat und organischen Bestandteilen (Kummerfeld et al. 1989) bestehen, wurde ebenfalls bei Nymphensittichen (Paré und Hunter 1993) und Wellensittichen (Beach et al. 1960, Batwell 1978, Wolf et al. 1995) erwähnt. Von einem Kropfstein bei einem nicht näher bestimmten Sittich berichtet Contag (1986). Beachtet werden muss, dass in der Literatur der Begriff Ingluviolith teilweise als Synonym für Kropffremdkörper benutzt wird (Rangel Nascimento et al. 2015, Rosenwax und Cowan 2015). Auch bei anderen Psittazidenspezies wurden in der Literatur Kropffremdkörper beschrieben, so eine Perlenschnur bei einer Blaustirnamazone (Amazona aestiva) (Wells 1984) und ein Futterschlauch bei einem handaufgezogenen Alexandersittich (Psittacula eupatria) (Hayati et al. 2012) sowie einem nicht näher bestimmten Sittich (Kalaiselvan et al. 2019). Die Fütterung durch die Elternvögel führte bei zwei alten Kongo-Graupapageien (Psittacus erithacus erithacus)im Alter von drei Wochen zu einer Anschoppung von Grit im Kropf (Ryan 2002).

Obwohl Wellensittiche und Nymphensittiche zu den am häufigsten gehaltenen Ziervogelarten in Deutschland (Krautwald-Junghanns 2018) und vermutlich weltweit gehören, wurde bisher nur eine wissenschaftliche Untersuchung mit einer größeren Stichprobenzahl zum Auftreten von Kropffremdkörpern, ausschließlich Bezoare, bei Nymphensittichen aus Privathaltung publiziert (Rosenwax und Cowan 2015). Jeweils ein Fallbericht wurde zu einem Wellensittich (Rangel Nascimento et al. 2015) und einem Nymphensittich (Fischer et al. 2006) mit einem Bezoar im Kropf veröffentlicht. Laut Kummerfeld et al. (1989) sollen auch Amazonen Bezoare im Kropf entwickeln. Zur Ätiologie von Erkrankungen durch Bezoare wird in der Literatur wenig beschrieben. Fäden, die sich verfilzen, können zu Passagestörungen im Kropf führen oder sogar einen vollständigen Verschluss verursachen (Kummerfeld et al. 1989).

Alle Materialien im Käfig oder in der Voliere sowie im Freiflug müssen als Fremdkörperquelle in Betracht gezogen und können durch die Vögel potenziell aufgenommen werden. Obwohl viele Sittiche in menschlicher Obhut sicherlich Zugang zu faserigen Materialien in Form von Sitzstangen aus Kordeln, Hanfseilen oder Teppichen im Freiflug (Kummerfeld 2011) haben, sind nach Erfahrung der Autoren Bezoare ein seltener Vorstellungsgrund bzw. klinischer Befund. Als Bestandteile bzw. Ursache von Bezoaren wurden Kokosschalen-, Sisal- (beides natürliche Hartfasern) sowie Teppichfasern (Chemiefasern) in der Literatur erwähnt (Kummerfeld et al. 1989, Rosenwax und Cowan 2015). Zudem sollen die abgeknabberten Holzfasern eines Nistkastens Ursache für ein Bezoar gewesen sein (Rangel Nascimento et al. 2015). In der Studie von Rosenwax und Cowan (2015) sollen Baumwollseile und -spielzeuge in 24 von 33 Fällen der Grund für die Bezoare gewesen sein, jedoch wurde keine Faseranalyse durchgeführt. In der vorliegenden Studie konnten natürliche Hartfasern und Chemiefasern nachgewiesen werden.

Das Alter scheint bei der Aufnahme von Fremdkörpern durch Psittaziden bedingt eine Rolle zu spielen. Von einigen Autoren wird vermutet, dass Kropffremdkörper vor allem bei Nestlingen und jungen Papageien (Pees et al. 2011), dagegen nicht bei adulten Tieren (Adamcak et al. 2000) auftreten. In der vorliegenden Studie bestand ein gewisser Altersunterschied zwischen den untersuchten Vogelarten. Während die Wellensittiche mit einem Median von 4,0 Jahren eher älter waren (Lebenserwartung in menschlicher Obhut: Median 5 Jahre [Heatley und Cornejo 2014]), waren die Nymphensittiche mit einem Altersmedian von 3,3 Jahren vergleichsweise jung (Lebenserwartung in menschlicher Obhut: Median 8 Jahre [Heatley und Cornejo 2014]). Auch Rosenwax und Cowan (2015) konnten Kropfbezoare bei Nymphensittichen im Alter von durchschnittlich 2,75 Jahren nachweisen. Der Nymphensittich im Fallbericht von Fischer et al. (2006) war neun Jahre alt und lag etwas über dem Höchstwert der vorliegenden Studie (8 Jahre). Eine Erklärung für die Aufnahme von Fremdkörpern könnte das ausgeprägte spielerische Erkundungsverhalten von Psittaziden in allen Altersstufen sein (Auersperg 2015).

Wie in unserer Studie wurden Bezoare auch von Rosenwax und Cowan (2015) vorwiegend bei männlichen Nymphensittichen diagnostiziert (76 %). Die Ursache dafür bleibt unklar. Taylor und Parkin (2008) beschrieben nach Auswertung von Daten aus Laboren, die für Halterinnen und Züchterinnen DNA-Tests anbieten, für viele Papageienspezies ein männlich geprägtes Geschlechterverhältnis, welches bei Nymphensittichen jedoch nur 52,9 % beträgt. Ob vorwiegend männliche Tiere gehalten werden und dadurch ein häufigeres Auftreten von Bezoaren bei männlichen Tieren beobachtet werden kann, kann aufgrund fehlender Daten nicht überprüft werden. Das Spielen mit Fasern und deren Aufnahme könnte auch ein Ersatzverhalten der Männchen zur Gefiederpflege darstellen. Für Nymphensittiche wurde beschrieben, dass alle männlichen Vögel Gefiederpflege bei mindestens einem weiteren Tier ausgeübt haben, während dies nur bei einigen Weibchen der Fall war (Seibert und Crowell-Davis 2001). Daten zu Wellensittichen liegen dazu nicht vor.

Bei den Wellensittichen fiel der hohe Anteil an Tieren mit blauer Gefiederfarbe auf (5 von 7 Wellensittichen mit bekannter Gefiederfarbe). Vermutlich ist die Beliebtheit dieser Farbe Ursache der Häufung und nicht die Neigung zur Bezoarbildung dieser Farbmorphe.

Ein Faktor, der zur Faseraufnahme und Fremdkörperentstehung beitragen kann, könnte die Zahmheit der Vögel sein, wie auch von Schmidt (2010) erwähnt. Bei den Wellensittichen fiel bei Auswertung des Besitzerfragebogens auf, dass sechs von sieben Besitzer­innen ihre Vögel zumindest als teilweise zahm oder futterzahm beschrieben. Die Zahl der ausgewerteten Fälle war aber zu gering, um Schlussfolgerungen zu ziehen. Ob zahme Psittaziden häufiger Fremdmaterial aufnehmen oder aber die Erkrankung durch den engeren Kontakt zum Menschen schneller entdeckt wird, bleibt unklar. Durch die geringe Antwortrate bei geringer Fallzahl war eine Auswertung weiterer Haltungs- und Fütterungsparameter nicht möglich.

Unspezifische Symptome wie Schwäche, Apathie und aufgeplustertes Gefieder beschreiben auch andere Autoren als dominierende Symptome bei Nymphensittichen mit Kropfbezoar (Fischer et al. 2006, Rosenwax und Cowan 2015). Batwell (1978) berichtete bei einem Wellensittich mit Ingluviolith von einem auffälligen Beißen in den Kopf- bzw. Kropfbereich. Das erwähnte vermehrte Kratzen im Kropfbereich in der vorliegenden Studie könnte vergleichbar zum Beißen ein Hinweis auf einen Fremdkörper im Kropf sein. Zudem konnte durch einen asymptomatischen Vogel gezeigt werden, dass in der Population auch klinisch gesunde Tiere mit Fremdkörpern im Kropf vorkommen können. Nichtsdestotrotz sollten mögliche und erfahrungsgemäß wahrscheinlichere Differenzialdiagnosen bei würgenden und/oder erbrechenden Sittichen immer in Betracht gezogen werden. Auswürgen von Futter durch fehlgesteuertes Sexualverhalten (z. B. Spiegelfüttern), Aufnahme von ungeeigneten Futtermitteln oder Erbrechen, bedingt durch ein paraneoplastisches Syndrom, wurden für Wellensittiche beschrieben (Schmidt 2010) und können sicherlich auch Differenzialdiagnosen für Nymphensittiche sein. Als infektiöse Ursachen kommen bei Wellensittichen neben bakteriellen Infektionen auch Pilzinfektionen (Macrorhabdus ornithogaster, Candida albicans) sowie eine Infektion mit Trichomonas gallinae (Schmidt 2010) vor. Diese Erreger wurden auch für Nymphensittiche beschrieben (Murtaugh und Jacobs 1984, Sidrim et al. 2010, Almeida et al. 2019).

Röntgenbilder können hilfreiche Zusatzinformationen geben, um die Diagnose eines Kropffremdkörpers zu stellen. Im Nativröntgen können ein vergrößerter Kropf und weichteildichte Verschattungen im Kropfbereich, wie bei einem Nymphensittich mit Bezoar beschrieben (Fischer et al. 2006), erste Hinweise geben. Bei einem Wellensittich mit Bezoar wurde beim Röntgen mit Positivkontrastmittel eine beschleunigte Passage beobachtet (Rangel Nascimento et al. 2015) und die Anlagerung von Kontrastmittel um die Fremdkörper war sichtbar. Die Verdachtsdiagnose auf einen Kropffremdkörper kann nach Erfahrung der behandelnden Tierärztinnen meist nach Palpation des Kropfbereiches gestellt werden. Wolf et al. (1995) beschreiben, dass sie einen Ingluviolithen bei einem Wellensittich palpieren konnten, dieser aber röntgenologisch nicht darstellbar war. Aufgrund des retrospektiven Charakters der Studie ist unklar, weshalb bei einem Sittich lediglich die Röntgenaufnahme und nicht bereits die Palpation zur Verdachtsdiagnose führte.

Als Therapie für die Behandlung von Kropfbezoaren wurde die Ingluviotomie beschrieben (Fischer et al. 2006, Rosenwax und Cowan 2015). Bei Durchführung einer Ingluviotomie lag die Letalität für die Nymphensittiche unserer Studie und der Studie von Rosenwax und Cowan (2015) bei 30 % und war für die Wellensittiche vergleichbar hoch (36 %).

Rosenwax und Cowan (2015) führten zudem eine perorale Entfernung von Bezoaren aus dem Kropf mit und ohne Allgemeinanästhesie durch. Bei Entfernung in Narkose wurde von einer Letalität von 28 % berichtet (Rosenwax und Cowan 2015). Bei einem Nymphensittich in der vorliegenden Studie konnte der faserige Kropfinhalt in Narkose peroral entfernt werden, das Tier verstarb aber drei Tage nach Entfernung, vermutlich aufgrund des schlechten Allgemein- und Ernährungszustands. Zudem wies der Vogel nach der Operation eine Kropfstase auf. Die perorale Entfernung ohne Anästhesie war bei Rosenwax und Cowan (2015) mit einer Letalität von 14 % assoziiert. Mit dieser Methode wurde kein Tier in der vorliegenden Studie behandelt. Sie könnte als alternative Therapiemethode in Betracht gezogen werden, muss aber aus tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten kritisch hinterfragt werden. Aufgrund des retrospektiven Charakters der Studie war eine Auswertung der vorliegenden Daten im Hinblick auf Voraussetzungen für eine erfolgreiche Operation nicht möglich. Die allgemein kritische Prognose nach Fremdkörperoperation des Kropfes verdeutlicht, dass Halterinnen von Sittichen nicht auf Sitzstangen bzw. Spielzeuge aus Seilen bzw. Kordeln zurückgreifen sollten. Die Auswertung des Fragebogens unterstützt dies, da allen Nymphen- und Wellensittichen Fasern als Beschäftigung zur Verfügung standen. Zur Prävention von Faserbezoaren könnten Naturäste und Zweige beitragen.

Mit der Analytik der Spielzeugproben sollten direkte Vergleiche zu den entfernten Bezoaren gezogen werden. Chemiefasern wurden als Ursache für Bezoare nach Wissen der Autoren bisher nicht diskutiert. Die Chemiefasern im Bezoar eines Nymphensittichs stammten laut den Mitarbeiterinnen des LKA vermutlich von Kunststoffeinkaufstaschen und ähneln somit den Chemiefasern der Spielzeuge nicht. Ob Baumwolle bzw. Chemiefasern aus den gängigen Spielzeugen tatsächlich nicht aufgenommen werden, lässt sich anhand der untersuchten Stichproben (der Bezoare und der Spielzeuge) nicht beurteilen.

Fazit

Faserige Materialien können zur Bildung von Kropfbezoaren bei Nymphen- und Wellensittichen führen. Ein aus Fasern bestehender Kropffremdkörper sollte bei gastrointestinalen und unspezifischen Symptomen bei Wellen- und Nymphensittichen als Differenzialdiagnose in Betracht gezogen werden. Die Palpation des Kropfes ist der wichtigste diagnostische Schritt. Röntgenbilder können zusätzlich Hinweise geben. Fasern in Spielzeugen oder in Form von Seilen oder Kordeln als Sitzgelegenheiten sollten als Enrichment vermieden werden.

Ethische Anerkennung

Die Autoren versichern, während der Entstehung der vorliegenden Arbeit die allgemeinen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis befolgt zu haben.

Conflict of Interest

Hiermit erklären die Autoren, dass sie keine geschützten, finanziellen, beruflichen oder anderen persönlichen Interessen an einem Produkt oder einer Firma haben, welche die in dieser Veröffentlichung dargestellten Inhalte oder Meinungen beeinflussen könnten.

Funding

Diese Arbeit wurde nicht finanziell unterstützt.

Autorenbeitrag

Konzeption/Design: KM, RI. Datenerhebung: RI. Datenanalyse: RI, KM. Manuskriptentwurf: RI, KM. Kritische Revision: KM, RI. Endgültige Zustimmung: RI, KM.

Danksagung

Für die Bereitstellung der Daten danken wir der Vogelpraxis Dr. S. Kling & G. Feder, Berlin, sowie der Praxis für Vögel & Reptilien, Dr. Carnarius, Berlin.

Dank gilt weiterhin den Mitarbeiterinnen des Bereiches für Textilkunde im Kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamtes Berlin (LKA KTI 43), welche die Untersuchung der Fremdkörper und Spielzeugproben durchgeführt sowie die mikroskopischen Aufnahmen zur Verfügung gestellt haben.

Korrespondenzadresse: Tierarzt Rudi Isbrandt, r.isbrandt@fu-berlin.de

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