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TAMG 2023: Der Antibiotikaverbrauch soll nun u.a. auch für Milchrinder gemeldet werden.
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TAMG 2023: Der Antibiotikaverbrauch soll nun u.a. auch für Milchrinder gemeldet werden.

Antibiotikaminimierung

Änderung des TAMG geplant

Der Bundestag hat den Entwurf zur Änderung des Tierarzneimittelgesetzes (TAMG) am 02. Dezember verabschiedet.  Diese neuen Regelungen sollen ab Januar 2023 insbesondere für die Antibiotikagabe in der Nutztierpraxis gelten.

  • Eine Änderung des Tierarzneimittelgesetzes (TAMG) wurde im Bundestag verabschiedet, die Abstimmung im Bundesrat steht noch aus. Das Gesetz soll bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.
  • Der aktuelle Entwurf enthält einige Punkte, gegen die Tierärzteverbände vehement protestieren. So kommt auf die Nutztierpraktiker ein deutlich erhöhter bürokratischer Aufwand zu.
  • Auch das Verbot bestimmter antibiotischer Wirkstoffe in der Tiermedizin wird erneut diskutiert.

Seit dem 28. Januar 2022 gilt in Deutschland ein neues Tierarzneimittelgesetz (TAMG), nicht ganz ein Jahr später steht bereits die erste Änderung an. Hintergrund ist zum einen die geplante Novelle des nationalen Antibiotikaminimierungskonzeptes und zum andern die Europäische Tierarzneimittelverordnung (VO (EU) 2019/6). Diese sieht vor, dass alle Mitgliedsländer ab 2023 Daten zur Antibiotikaanwendung bei allen Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten erheben. Bisher wurden nur Masttiere erfasst, jetzt sind u.a. auch Milchrinder, Legehennen oder Saugferkel betroffen. Allerdings fordert die Europäische Arzneimittel-Agentur  EMA nur eine Meldung pro Präparat und Tierart im Jahr ab 2024. Der neue TAMG-Entwurf geht über diese Anforderung hinaus und fordert eine Meldung jeder einzelnen Behandlung 

Mitte Oktober wurde der Entwurf für die anstehende TAMG-Änderung  in erster Lesung im Bundestag beraten. Dies sind die wichtigsten geplanten Änderungen:

  • Die Meldepflicht für Antibiotikabehandlungen soll auf alle Nutzungsarten und Altersgruppen der lebensmittelliefernden Rinder, Schweine, Puten und Hühner ausgeweitet werden.
  • Meldepflicht für Tierärzte: Anders als bisher soll nicht der Tierhalter, sondern der behandelnde Tierarzt die Daten zur Antibiotikatherapie an die zuständige Behörde melden.
  • Für Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Fluorchinolone oder Colistin soll zur Berechnung der Therapiehäufigkeit jeder Behandlungstag mit dem Faktor 3 multipliziert werden, um die Anwendung dieser Antibiotika weiter zu reduzieren.
  • Für sogenannte One-Shot-Präparate, also Antibiotika, die nach einmaliger Anwendung über mehr als 24 Stunden einen therapeutischen Wirkstoffspiegel aufweisen, soll jeder Behandlungstag mit dem Faktor 5 multipliziert werden.

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Noch weitergehende Änderungen des TAMG geplant

Erst sehr kurz vor der Verabschiedung des TAMG im Agrarausschuss am 22. November 2022 wurden neue Änderungspläne der Bundesregierung bekannt, die das Gesetz weiter verschärfen würden:

  • Ermächtigung für Wirkstoffverbote: Der neueste Entwurf für die TAMG-Änderung bringt das Thema Wirkstoffverbote für die Tiermedizin erneut auf den Tisch. Auf europäischer Ebene wurde das pauschale Verbot der Anwendung einzelner Wirkstoffe für die Tiermedizin inzwischen in mehreren Gremien abgelehnt. Der Änderungsantrag enthält aber eine Ermächtigung, die dem BMEL erlauben würde, gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium durch Rechtsverordnung, nur mit Zustimmung des Bundesrates, die Anwendung bestimmter antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren weiter einzuschränken oder zu verbieten – wenn die Verabreichung dieser Wirkstoffe der Strategie zur Verringerung der Verwendung von Tierarzneimitteln mit antibiotischen Inhaltsstoffen entgegenläuft. 
  • Maßnahmenpläne sollen durch einen zweiten Tierarzt überprüft werden.
  • Maßregelungen: Wer als Tierärztin oder Tierarzt die Antibiotikaanwendung nicht entsprechend der Vorgaben des TAMG meldet, würde dem Gesetz zufolge eine Ordnungswidrigkeit begehen. 

Protest und Forderungen der Tierärzteverbände

Insbesondere den Übergang der Meldepflicht auf Tierärzte sehen die Tierärzteverbände sehr kritisch. Bundestierärztekammer (BTK), Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt), Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT) und Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG) hatten bereits anlässlich des Deutschen Tierärztetages im September 2022 in einer Resolution gefordert, den administrativen Aufwand erheblich zu verringern.

Am 17. Oktober brachten Vertreter der Tierärzteschaft in einer Expertenanhörung fachliche Forderungen ein, die bisher jedoch in keiner Weise berücksichtigt wurden. Insbesondere forderten die Tiermedizinerinnen und Tiermediziner:

  • Umsetzung der von der EU geforderten Tierärztlichen Bestandsbetreuung in deutsches Recht
  • Eindeutige Vorgaben für den Stallbau in der Tierschutznutztierhaltungsverordnung
  • Eine einheitliche Tiergesundheitsdatenbank

Die Delegiertenversammlung des bpt verabschiedete am 18. November eine weitere Resolution, in der sie die Ampelregierung aufforderten, den kurzfristig Änderungsantrag für das TAMG, der Wirkstoffverbote und Maßregelungen ermöglicht, zurückzuziehen.

Im Agrarausschuss wurde der Entwurf für das Änderungsgesetz trotz der Proteste der Tierärzteschaft angenommen. 

Dieser Artikel wurde am 02. Dezember 2022 aktualisiert.

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